Mittwoch, 15. Juni 2011

Karibik auf der Leinwand und die Wüste in echt.

Am 24. Mai ging diese Nachricht an mein komplettes E-Mail-Adressbuch und die Resonanz hat alle meine Erwartungen übertroffen! Viele haben auf den Spendenaufruf reagiert und zusammen mit den Spenden der anderen Freiwilligen haben wir genügend Geld gesammelt, um gleich zwei Ausflüge zu organisieren. Mit den „Medianos“ (= Kinder im Grundschulalter) sind wir an einem Freitagabend vor zwei Wochen ins Kino nach Cruz del Eje gefahren. Der neueste Streifen der „Fluch der Karibik“-Reihe stand auf dem Programm. Júlio fuhr uns alle im Bulli zu dem kleinen, alten Kino, was in Deutschland an sich schon eine Attraktion wäre. Kein großes Cinemaxx, Cineplex oder wie die Riesenkinos in Deutschland heißen, sondern ein kleines Lichtspielhaus mit einem Saal. Karten, Cola und Süßigkeiten wurde alles an der Kasse verkauft. Die Sitze waren noch echte „Reihen“ wie früher. Positiv gesehen könnte man das Ganze „retro“ bezeichnen und gutheißen, doch bereits nach einer Viertelstunde wurde es schon ziemlich unbequem. Holzsitze, schlecht bis gar nicht gepolstert und wenn ich mich nach hinten gelehnt habe, bog sich auch das restliche Dutzend der Sitze in meiner Reihe gleich mit in die gleiche Richtung. Ich persönlich fand den Film eher dürftig – nach drei Filmen ist das Thema und die Handlung doch irgendwie etwas aufgebraucht und die synchronisierten Stimmen auf Spanisch gaben mir dann den Rest, aber den Kindern hat es super gefallen und darum ging es uns ja. Nach dem Kino ging es noch nicht direkt zurück ins Heim. Júlio hatte vorher noch ein Restaurant ausgesucht, in dem wir mit allen Kindern essen konnten und da fuhren wir dann reichlich spät (der Film war erst um Mitternacht vorbei) hin. Einen Hamburger und Pommes mit Ketchup und dazu Cola für alle. Die Gesichter der Kinder strahlten und keiner musste dazu überredet werden, aufzuessen. Das ging auch so ganz gut. Am Ende kam dann noch die Besitzerin des Restaurants zu uns an den Tisch und sagte, die Kellner wären von den anderen Gästen gefragt worden, was denn das für eine Gruppe von Kindern sei und was man ihnen in die Hamburger gemischt hätte, dass sie sich so ruhig und gut benehmen. Bei den eigenen Kindern würde das nie so klappen, hätten einige gesagt. Wir mussten lachen, aber die Dame meinte es ernst und schloss sich dem Kompliment an. Die Kinder hätten sich super benommen und wir dürften gerne wiederkommen. Was für ein Abend! Kinder bestens zufrieden, Júlio zufrieden, Freiwillige zufrieden – besser hätte es nicht laufen können!

So verlief Ausflug Nr. 1 – der „kleine Ausflug“, der uns dank freundlichem Entgegenkommen sowohl des Kinos als auch des Restaurants „nur“ ca. 95 Euro gekostet hat – das sind gerade einmal fünf Euro pro Person für den Eintritt und eine Portion Popcorn im Kino und einen Hamburger mit Pommes und eine große Cola im Restaurant hinterher. 

Vor dem Kinobesuch
Hamburger und Pommes im beheizten Zelt
 
José, Chicho und Javier im Kinosaal

Joni freut sich
So blieb uns von unseren gesammelten Spenden noch einiges übrig für den eigentlich geplanten Ausflug nach Córdoba in den Zoo. Der hat nicht stattgefunden, doch stattdessen haben wir etwas noch Schöneres und Eindrucksvolleres mit den Kindern unternommen. Júlio hat vorgeschlagen, dass wir (vorausgesetzt wir hätten genug Geld) auch für zwei Tage wegfahren könnten – nicht nach Córdoba, sondern noch ein Stück weiter. „Talampaya“ lautete unser Ziel. „Talampaya“ ist ein Nationalpark in der benachbarten Provinz „La Rioja“. Wüste, Klippen, Felsformationen, ein „Canyon“, einfach eine (besonders für uns deutsche Freiwillige, aber natürlich auch für die Kinder) atemberaubende Natur erwartete uns dort. 430 Kilometer „Ruta“ („Bundesstraße“) lagen vor uns, als wir uns am frühen Freitagmorgen auf den Weg machten. Mit den zwei Bullis und einem weiteren Auto aus dem Heim fuhren wir mit allen außer den Allerkleinsten los, doch unsere Fahrt sollte zunächst ein jähes Ende haben. Einen Kilometer außerhalb von San Marcos mussten wir schon wieder umkehren. Die Gangschaltung des Mercedes-Bullis war kaputt. Enttäuschung machte sich breit und die Unsicherheit, ob das auf die Schnelle repariert werden könnte, doch Adrián tat, was er konnte und anderthalb Stunden später konnte es dann doch richtig losgehen. 17 Kinder aus dem Heim plus wir fünf deutsche Freiwillige plus Júlio mit seinen Kindern Facundo und Cynthia sowie der ehemalige Mitarbeiter im Heim Daniél kamen gut sechs Stunden später dann in „Talampaya“ an. Der Weg dahin war ziemlich unspektakulär – immer geradeaus, rechts und links Sträucher und Bäume, sonst nix. Gerade einmal eine „richtige Tankstelle“ lag auf den gesamten gut 400 Kilometern. Verhältnisse, die im dicht besiedelten Europa schon unvorstellbar sind, doch das, was dann kam, übertraf alles. Ich dachte bis dahin, dass San Marcos schon abgeschieden läge, doch weit gefehlt. Auf den letzten 160 Kilometern haben wir lediglich ein kleines Dorf passiert, sonst NICHTS außer unglaublichen Panoramen rechts und links der „Ruta“. An einer kleinen „Estancia“ hatten wir uns angemeldet. Ein Haus im nichts. Ein kleines Restaurant, ein kleines Besucherzentrum, von dem aus Touristen ihre Trips durch den Nationalpark starten. Strom wurde mit einem Motor erzeugt, der nächste richtige Supermarkt lag 70 Kilometer entfernt, kein Handynetz, kein einziger Radiosender. „Abgeschnitten von der Außenwelt“ passte hier ganz gut. Nach kurzer Zeit hatten wir uns dort eingerichtet. Die dreieinhalb Zelte standen schnell auf dem lehmig-steinigen Wüstenboden und die Kinder genossen es, ein wenig herumzulaufen oder Volleyball zu spielen bei strahlendem Sonnenschein und an die 30 Grad. Keine festen Zeiten, keine Verpflichtungen – Urlaub! Die Kinder und Jugendlichen genossen es sichtlich aus dem Heimalltag herausgekommen zu sein und dann noch die schöne Umgebung! Wir waren die einzigen Übernachtungsgäste in dieser Nacht und hatten so schon ab dem frühen Abend das gesamte Gelände „für uns“. Ein leckeres Abendessen für alle saß im Budget (dank eines Sonderpreises seitens der Betreiber des Restaurants und einem stark reduzierten Eintritts in den Nationalpark) auch noch drin und das große Stück Hähnchen mit Kartoffeln und Salat hat kaum jemand ganz aufbekommen. Gegen die Kälte nachts halfen die neuen Schlafsäcke, die Júlio extra vorher noch angeschafft hatte. Müde nach dem frühen Aufstehen, der langen Fahrt und der vielen Bewegung am Nachmittag waren die meisten allerdings nicht. Jedes Zelt wollte lauter als die Nachbarn singen und das artete zwischenzeitlich etwas aus, bis Daniél ein kleines Machtwort sprach und (zumindest für einen Moment) für Ruhe sorgte. Schließlich stand am nächsten Morgen die Tour mit Kleinbussen durch die Wüste an und dafür sollten ja alle fit sein. So fielen auch Leon, Derya, Tina, Uschi und ich in unsere provisorischen „Betten“. Leon, Derya und ich haben auf Matratzen zwischen den Sitzen des großen Bullis gepennt und Uschi und Tina machten es sich (soweit es denn eben ging) in dem anderen Auto bequem. Uschi trauerte wahrscheinlich noch ein wenig ihrer halben Zehennagel hinterher, der sich auf einem Spaziergang und einer schmerzhaften Begegnung mit einem Busch mit Stacheln von ihr getrennt hatte. Dass ihre Flip-Flops nicht wüstentauglich sind hat Uschi jetzt auch verstanden, der große Zeh tat böse weh, wurde verbunden und Uschi war ab sofort Humpelstilzchen. Júlio schüttelte nur den Kopf. 















Entgegen aller meiner Erwartungen habe ich ziemlich gut geschlafen und war fit, als am Samstagmorgen die Sonne aufging und wir uns raus aus dem Bulli, rein in den Waschraum und dann zum Freiluftfrühstück begaben. Um halb neun ging es dann mit zwei Kleinbussen raus in die wirkliche „Wildnis“. Die asphaltierte Straße hörte nach kurzer Zeit auf und durch Sandspuren schaukelte uns der Busfahrer mitsamt Nationalpark-Führerin durch „Talampaya“. Vogelsträuße, Füchse und einige lamaähnliche Tiere, dessen Namen ich vorher noch nie gehört und bis jetzt auch schon wieder vergessen habe, lebten dort in freier Wildbahn. Umgeben von 150 Meter hohen Felsklippen fuhren wir durch den „Canyon“, hielten zwischendurch immer wieder an um Tiere zu beobachten oder uns alte Gravuren der Indigenas anzusehen, die hier anscheinend vor Jahrhunderten gelebt haben. Die Führerin erklärte den Kindern und uns wie solch ein „Canyon“ entsteht und auch sonst so einiges über Flora und Fauna in der Gegend. Die Kinder blickten neugierig um sich. 
„Está joooya!“ – 
(ungefähr wie „Ist das geeeil!“, wörtlich wäre es etwa: "Ist das ein Schmuckstück!") - ich weiß nicht, wie oft ich diesen Satz aus Josés Mund gehört habe. 











 


Es war ein Erlebnis! Knapp zwei Stunden dauerte die Exkursion, bevor wir nach einem „Choripan“ (eine Art Bratwurst im Brötchen) zum Mittagessen schon wieder die Sachen zusammenpacken mussten. Daniél fuhr nicht wieder mit uns zurück. Seine Schwester wohnt „in der Nähe“ (argentinische Verhältnisse = vielleicht ein paar Stunden) und feierte an dem Wochenende Geburtstag. Das heißt, ein Platz im Auto wurde frei – ein Fahrerplatz. Er war auf dem Hinweg den Mercedes-Bulli gefahren. Hier kamen Leon und ich ins Spiel. Wir wechselten uns ab – die ersten 250 Kilometer bin ich gefahren, die restlichen 180 Leon. Kilometerstand beim Bulli? 594.000. Argentinien halt – hier geht das. Wir hatten zwischendurch zwar ein paar Probleme, die acht Jungs, die hinten saßen, ruhig zu halten, aber sonst hat alles gut geklappt. Wir wurden auf der Fahrt fünf Mal von der Polizei kontrolliert – ebenfalls normal für argentinische Verhältnisse. Nur einmal wurde nach dem Führerschein gefragt, einmal musste demonstriert werden, dass der Blinker funktioniert, einmal sollte der Fahrzeugschein vorgezeigt werden, die restlichen Male wurde nur geschaut, ob wir auch angeschnallt sind. Ziemlich willkürlich sind diese ganzen Kontrollen. Lediglich bei einer sind wir ein wenig ins Schwitzen gekommnen. „Sie wissen schon, dass Sie die Kinder da hinten im Bulli so nicht mitnehmen können, oder?“ – dass das nicht ganz vorschriftsmäßig war, wussten Leon und ich, hat sich bis dahin aber keiner drum geschert. Der Polizist leuchtete mit seiner Taschenlampe in den Bulli, der hinten lediglich eine Ladefläche und Matratzen hatte und ein paar provisorisch befestigte Gurte – die waren aber mehr für das gute Aussehen. Leon hat in dem Moment die Frage des Polizisten nicht verstanden. Er musste sie zwei Mal wiederholen. Ich habe sie Leon dann auf deutsch gesagt, wusste aber auch nicht richtig, was wir darauf antworten sollten. Júlio wartete gut 50 Meter vor uns im großen Bulli. Unser Glück: Hinter bildete sich bereits eine Autoschlange, sodass der Polizist etwas unter Druck geriet, also winkte er uns schließlich doch durch. Alles gut gegangen. Das sind Dinge, an die ich mich hier ehrlich gesagt schon gewöhnt habe, über die ich am Anfang meines Jahres unglaublich den Kopf geschüttelt habe und die in Deutschland ebenfalls absolut undenkbar wären – damit meine ich sowohl die Art, wie wir da gefahren sind (viel zu viele Leute im Auto, keine vorschriftsmäßigen Sitze, kein TÜV) als auch die Reaktion des Polizisten (er sieht, dass etwas nicht in Ordnung ist, bringt das sogar zur Sprache, verfolgt es dann aber nicht weiter). Andere Länder – andere Sitten eben.

Am Sonntag und Montag gab es dann einen ordentlichen Berg Wäsche im Heim. 20 Kinder, viel Sand, Staub, Steine – da fällt einiges an, weiß die Hausfrau oder eben wir „tios“. Gut, dass das Wetter mitspielte und die warme Sonne all die Klamotten schnell trocknete.

…und das war „Talampaya“ – unser „großer Ausflug“, mit dem wir bei den Kindern voll ins Schwarze getroffen haben. „Wann fahren wir wieder hin?“ wurde ich alleine heute zwei Mal gefragt. Anstrengend war es zwar auch (sehr sogar!), aber es hat sich mehr als gelohnt! Ich möchte mich hier noch mal bei allen bedanken, die das möglich gemacht haben – unseren Spendern, und hier noch einmal im Besonderen „meinen Spendern“:

Moiken
Eva und Michael
Mareen
Linda
Annika
Monique
Alexa
Philip
Oma und Opa
Mechthild und Mathias
Amke und Udo
David
Tim-Lucas
Silvia
Philipp und Sarah
Lena
Mama und Papa
Günter S.
Detlef und Manuela

Wir hätten es ohne die Unterstützung aus Deutschland nie so etwas Tolles organisieren können. Es wird den Kindern sicherlich noch sehr lange in Erinnerung bleiben, mir wird es das in jedem Falle! Gracias a todos!

Dass der Ausflug jetzt in der Vergangenheit liegt, soll natürlich nicht bedeuten, dass das Heim nicht auch weiterhin Spendengelder gut gebrauchen kann. Wir freuen uns über jeden Euro bzw. Peso, der uns und die Kinder als Spende erreicht, denn auch wenn wir unser „großes Ziel“ jetzt erreicht haben, den Kindern einen tollen Ausflug zu bieten, gibt es immer noch tausend kleine Dinge, für die jeder Betrag hilfreich ist – ein paar Farben zum Malen, Tonkarton zum Basteln, das eine oder andere Spiel oder eben die Packung Kekse und das Glas Limonade für den nächsten Ausflug auf den kleinen Spielplatz auf der Plaza.

GRACIAS!

Spendenaufruf vom 24. Mai

Hola!


Die meisten von euch kennen mich, denke ich. Falls nicht: Mein Name ist Tobias, ich bin 20 Jahre alt und absolviere momentan einen einjährigen Freiwilligendienst im Kinderheim Sierra Dorada, in San Marcos,  Argentinien. Seit nun gut acht Monaten lebe ich diesem kleinen Dorf in der Provinz Córdoba, und arbeite 6 Tage die Woche mit 30 Kindern zwischen 4 und 17 Jahren, aus äußerst schwierigen sozialen Verhältnissen. Meine Aufgaben sind vielfältig: Gemeinsam mit vier weiteren deutschen Freiwilligen spiele ich mit den Kindern, organisiere Ausflüge, mache die Wäsche, bade die Kleinsten, bringe sie zur Schule, und und und. Es ist nicht immer einfach, da wir oft alleine auf eine größere Gruppe Kinder alleine aufpassen müssen, aus den unterschiedlichsten Altersklassen, mit den verschiedensten Problemen. Doch auch wenn es oft anstrengend ist, gefällt mir die Arbeit unglaublich gut, und ich fühle mich hier wie zuhause. Es gibt einfach so viele schöne Momente die das Schwierige so schnell vergessen lassen: Wenn du aus dem Urlaub zurück kommst, und die Kinder alle auf dich zugerannt kommen, dich umarmen und dir sagen wie sehr sie doch vermisst haben. Der erste Schultag, für Kinder die schon längst in der 3. Klasse sein müssten, aber noch nie eine Schule von innen gesehen haben. Wenn die fünfjährige Mili sich beim Optiker eine Brille aussuchen darf, weil sie jetzt schon seit sechs Monaten beim Malen mit dem Kopf auf dem Blatt klebt.


Das Heim wird geleitet von Julio und Patri, einem Ehepaar dass sich vor zehn Jahren entschlossen hat dieses zu gründen. Zusammen mit einem weiteren Pärchen, zwei festen Mitarbeitern sowie den Freiwilligen halten sie alles am Laufen. Den Kindern fehlt es rein theoretisch an nichts: Durch die gute Arbeit Julios was die Sponsoren (vor allem in Deutschland und England) betrifft, haben die Kinder immer genügend und abwechslungsreiches Essen sowie alles was sie an Kleidung brauchen. Das Heim und die ganze Umgebung ist relativ groß, es gibt einen Fußballplatz, Klettergerüst und Schaukel, einen kleinen Bach in dem sie im Sommer baden können.


Was ihnen allerdings fehlt, ist die Freiheit, sich einfach mal mit Freunden zu treffen, mal ein Eis essen zu gehen, Fahrrad zu fahren, ins Kino zu gehen, oder sonstige Ausflüge zu machen, die Eltern mit ihren Kindern selbstverständlich unternehmen. Die Tage sind fast alle gleich. Die einzigen, die für etwas Abwechslung sorgen sind wir, das aber auch nur in beschränktem Maße, da wir finanziell wenig Mittel haben und natürlich auch nicht die Verantwortung für eine so große Gruppe Kinder alleine tragen können.


So kamen wir vor kurzem auf die Idee, einen großen Ausflug kür alle Kinder zu organisieren. Gemeinsam möchten wir mit allen Kindern einen Tag im Zoo in Cordoba verbringen, vielleicht gemeinsam ein Eis essen, und wenn möglich, sogar noch einen Kinobesuch dranhängen. Das Problem ist hierbei natürlich das liebe Geld, da solche Dinge im Budget des Heimes einfach nicht drin sind, und da wir ja freiwillig arbeiten haben wir auch nicht die Mittel einen solchen Ausflug zu finanzieren. Gemeinsam mit den Kindern versuchen wir bereits Möglichkeiten zu finden, Geld heranzuschaffen. Wir sind uns jedoch bewusst dass wir niemals genügend aufbringen können. Somit komme ich also zu dem eigentlichen Grund dieser E-Mail.


Ich würde mich unglaublich über jegliche Unterstützung aus der Heimat freuen, um diesen Ausflug zu organisieren. Wie man so schön sagt, jede Spende hilft uns unserem Ziel ein bisschen näher zu kommen. Wir würden den Kindern eine unglaubliche Freude bereiten, selbst wenn das Geld am Ende nur für einen Besuch in der Eisdiele hier im Dorf ausreichen würde!


Wenn ihr also etwas beitragen möchtet, überweist eine Spende unter dem Verwendungszweck "Spende Sierra Dorada" auf folgendes Konto:


Tobias Freese
Kontonummer: XXXXXXXXX
BLZ: XXXXXXXXX



Wenn ihr gern noch mehr über das Heim und dessen Geschichte erfahren möchtet, hier die Homepage: www.sierradorada.com.ar


Oder auch auf meinem Blog, bzw auf denen meiner Mitfreiwilligen, um mehr über unsere Arbeit und unser Leben hier zu erfahren:


www.derya-weltwaerts.jimdo.com
www.leon.via-weltwaerts.de/
www.tobiasargentinien.blogspot.com/


Und es wäre toll, wenn ihr die E-Mail an alle eure Freunde, Verwandte, Kollegen und Bekannten weiterleiten würdet!


Schöne Grüße aus San Marcos,

Tobias

Montag, 11. April 2011

Ein Sonntagsausflug!

Sonntags arbeiten Júlio und Patri. Als es im Sommer an manchen Tagen fast unerträglich heiß war, ging es samstags und sonntags, während der Ferien auch oft in der Woche, mit dem Bulli zum "Rio Quilpo" - einem Fluss, in dem man auch baden gehen kann. Zum Baden ist das Wetter mittlerweile nicht mehr ganz so geeignet und auch die Zeit ist knapper geworden - jetzt, wo die Kinder alle zur Schule gehen. Am letzten Sonntag war es aber mal wieder so weit. Bullitür auf, 25 Kinder plus zwei Freiwillige rein, Tür zu und über die Sandpisten ging es ins benachbarte Cruz del Eje. Neben dem "Dique", einem großen Stausee, liegt ein großer Abenteuerspielplatz und ein kleiner Teich, in dem Enten schwimmen... und dazu jetzt einige Fotos:

Bitte auf die Entwicklung achten... erst ist alles ganz friedlich....

...dann wird es lustiger, ist aber immer noch "im Rahmen"...

...und schließlich: "descontról" - die Eskalation. So läuft das meistens ab!

Laura und Yamila, zwei der älteren Mädels

David

David 

Marcos

Chicho

Joni und Maribel

Estrella

Maribel

Tina und ich mit Maribel

Joni

Eine Schlange auf der Straße - auf dem Rückweg

Der Blick nach hinten aus dem vorderen Bullifenster

...und der Blick nach vorne auf das hintere Bullifenster.

Freitag, 8. April 2011

Alte und neue tierische Mitbewohner...

"Rai" heißt das Wundermittel, mit dem ich unsere Terrasse von unliebsamen Nachbarn bzw. Mitbewohnern befreit habe. Aus drei Metern Entfernung aufgesprüht und eine Viertelstunde später lagen sie alle auf dem Stuhl darunter. Good bye, Bienen! 


Wenn schon Tiere, dann doch lieber diese drei! In einer kleinen Kiste standen sie vorgestern vor dem Heim. Irgendjemand hatte sie dort ausgesetzt und die tierliebe Tina hat sie adoptiert. Unsere WG ist also vorübergehend auf acht Lebewesen gewachsen, aber zwei Hunde werden wir wohl einer Tierschutzorganisation überlassen. Um die kleine Blonde wollen wir uns aber selbst kümmern. So ist der Plan!


Freitag, 25. März 2011

Halbzeit, Zwischenseminar... Auszug!

Die Küche
Gesang von Jan Delay kommt etwas gequält aus unseren kleinen Lautsprecherboxen. Uschi steht gerade hinter mir und liest mit, was sich hier auf meinem Laptopdisplay tut. Auf dem Ausziehsofa sitzen Derya und Ketú. Leon macht sich gerade fertig und geht jetzt ins Internetcafé im Dorf. Es ist Viertel nach neun abends und ich sitze nicht im Hogar, nicht in der Oficina, von wo ich sonst immer schreibe, sondern sitze an unserem Frühstückstisch in unserer Wohnküche in unserem neuen Häuschen. Ja, es hat sich einiges getan in den letzten mittlerweile vier Monaten, in denen ich mich einfach nur schwer aufraffen konnte, meinen Blog zu aktualisieren. Seit drei Tagen wohnen wir Freiwillig
en nun nicht mehr im Heim, sondern sind ausgezogen. Ein Haus für fünf Personen (seit Januar sind wir Freiwilligen nämlich um Hannah alias „Uschi“ auf fünf gewachsen) zu finden ist hier im kleinen San Marcos gar nicht so einfach, aber wir haben es geschafft. Am Montag wurde der Vertrag unterschrieben und jetzt haben wir unsere eigenen vier Wände. Eine große Wohnküche, drei Schlafzimmer und zwei Badezimmer sind jetzt unser ganz eigenes Reich. Ich teile mir weiterhin mit Leon ein Zimmer, Uschi und Tina schlafen in dem großen Schlafzimmer und Derya hat ihr eigenes kleines Zimmer. Wir wohnen am Rande des Dorfes. Zehn Minuten sind es zu Fuß zum Heim, etwa fünfzehn ins Dorf. Heute morgen haben mich draußen vor der Terrasse drei Esel begrüßt und auch sonst haben wir hier viele Tiere in der Umgebung. Handgroße Spinnen, die in den Fensterläden ihre Netze weben, kleine Skorpione, die durch unsere Küche rennen und die Hornissen, die ihr Nest direkt über dem Küchenfenster haben. Von den unzä
hligen (Straßen-)Hunden in der Nachbarschaft brauche ich gar nicht erst anzufangen.

Unser Haus

Aber jetzt mal einigermaßen chronologisch: Mein letzter Blogeintrag ist auf den 29.12.2010 datiert. Stichpunktartig liste ich jetzt mal auf, was seit dem so passiert ist:

Silvester / Neujahr: Ist im Grunde abgelaufen wie Heiligabend: Viel essen, um zwölf Uhr anstoßen und „feliz año nuevo“ wünschen, dann nach draußen zum Böllern. Argentinische Feuerwerkskörper sind von deutschen Sicherheitsstandards meilenweit entfernt. Es knallt lauter, schneller, unberechenbarer als bei uns. Im Gegensatz zu Heiligabend waren auch einige Kinder aus dem Heim bei der Feier dabei. Das war schon ordentlich gefährlich, was da ablief, aber es ist glücklicherweise nichts passiert. So gegen drei Uhr morgens haben wir Freiwilligen uns dann aus dem Heim auf die Feierlichkeiten im Dorf begeben. In einer Bar am Fluss spielte eine Live-Band. Reggaemusik mit Redefetzen und Parolen von Che Guevara gemischt. Nennen wir es „interessant“. Dementsprechend „interessant“ war dann auch das Publikum. Das neue Jahr lockte nämlich umso mehr Hippies und Alternative aus allen Teilen Argentiniens an, denn sie begann…

… „la temporada“ – „die (Hoch-) Saison“
Während der drei Sommermonate Januar, Februar, März hat sich unser kleines verschlafenes Nest, das manchmal wie von der Außenwelt abgeschnitten wirkt, in ein kleines Touri-Paradies verwandelt. Auf einmal öffneten Geschäfte, die die Monate vorher immer leerstanden. Gefühlt war es wir vom einen auf den anderen Tag, dass alle Campingplätze und Hostels ausgebucht waren. Restaurants und Bars öffneten neu und Straßenverkäufer und –künstler tauchten auf und mischten sich unter die Massen auf der Plaza, die jetzt für Autos gesperrt und zur Fußgängerzone umfunktioniert war. Tische und Stühle der Bars waren draußen aufgestellt und San Marcos war voll! Autos drängten sich über die versandete Hauptstraße, in den Kiosken musste man lange anstehen, der Geldautomat war chronisch leer und am Fluss gab es keinen ruhigen Platz mehr. Menschen überall, Gitarrenmusik aus allen Ecken, Trommelgruppen, Feuerspucker, Sänger oder die armbandknüpfenden Hippies zwischen Familien, die in dicken Autos aus Buenos Aires in ihr Ferienhaus angerollt kamen. Mit den Touristen stieg auch erheblich die Polizeipräsenz im Dorf. An fast jeder Ecke konnten wir jetzt eine blaue Uniform ausmachen. Das dies nicht unbedingt immer zu weniger Problemen führt, haben Leon und Tina einmal mitbekommen, aber darauf gehe ich später noch einmal genauer ein. Jeden Abend gab es Konzerte und manchmal fiel es nachts schwer zu schlafen. Fenster zu und drinnen vor Hitze umkommen oder Fenster auf und die ganze Nacht Gitarrengedudel von einem der beiden Campingplätze, zwischen denen unser Heim liegt – Leon und ich entschieden uns eigentlich immer für letzteres.

Besuch!
Eine Woche war das neue Jahr gerade alt, da bekam ich als erster unserer Freiwilligentruppe hier Besuch aus der Heimat. Philip hat auf seiner Südamerikareise zwischen den Iguazú-Wasserfällen im Norden Argentiniens an der Grenze zu Brasilien und Buenos Aires einen Zwischenstopp hier in San Marcos eingelegt. In einer Woche hat er so ziemlich alles von San Marcos gesehen. Einmal ging es hoch auf den Hügel „Cerro de la cruz“ zum großen weißen Kreuz, einen Nachmittag zum Rio San Marcos und in die „Quebrada“ („die Schlucht“), zum Pozo de Luz und abends zur Plaza die eine oder andere Empanada oder ein „Lomito“ essen. Extrem interessant fand ich hierbei zu sehen, wie er auf all die Eindrücke im Dorf und vor allem im Heim reagiert hat. Dinge, die mir überhaupt nicht mehr aufgefallen sind und die absolut selbstverständlich für mich waren, waren für ihn wie eine andere Welt. Ihm ging es in vielerlei Hinsicht so wie mir bei meiner Ankunft. Es hat mir ziemlich deutlich aufgezeigt, dass ich mich hier, trotz mancher immer noch fremden oder ungewohnten Dinge, schon weit eingewöhnt und eingelebt habe.

●  „El festival de la miel“ – „Das Honigfest“
San Marcos im Ausnahmezustand – Straßensperrungen, das Stadion komplett gefüllt, Shuttlebusse bis tief in die Nacht aus Cruz del Eje und das ganze an Tinas Geburtstag! Das erste Februarwochenende stand hier im Zeichen des Honigs. Das Bienenerzeugnis musste allerdings eigentlich nur den Namen hergeben. Ansonsten hatte das Fest, das über vier Tage ging, relativ wenig mit „Honig“ zu tun. Konzerte, ein Umzug im Dorf, ein Volksfest mit vielen kleinen Ständen und eine Misswahl waren einige der Programmpunkte. Der Höhepunkt war das Konzert der „Banda XXI“. Die Combo, die aus einem guten Dutzend Männer besteht, ist in der ganzen Provinz Córdoba und auch weit über ihre Grenzen hinaus ein Begriff. Ich versuche mal einen einigermaßen passenden Vergleich für mein deutsches Heimatdorf zu ziehen. Man stelle sich vor, jemand wie „der Wendler“ oder Wolfgang Petry würde in der Halle Vollmer auftreten. Die Halle Vollmer ist vielleicht gerade einmal halb so groß wie das Stadion hier im Dorf und „el estadio“ war proppenvoll. Da wär Marianne sicherlich überfordert gewesen. Um elf sollte das Konzert losgehen, doch erst wurde noch die „reina de la miel“ („Honigkönigin“) gewählt. Unter einem kleinen Feuerwerk und Funkenregen und ich glaube sogar mit ein paar Freudentränen regierte sie ab dem Abend für ein Jahr lang das „Honigvolk“ und fährt zu anderen Schönheitswettbewerben in der Umgebung, wo sie sich dann noch Hoffnungen auf den Titel „Olivenkönigin“ oder ähnliches machen kann. Um ein Uhr stand dann die Band auf der Bühne und sorgte für ordentlich Stimmung. Vom kleinen Koten im Grundschulalter bis zur betagten Oma tanzten alle ausgelassen mit zu den eigenen Liedern der Band, vor allem aber zu Coverversionen wie „la niña bonita“, dessen Link ich hier vor einiger Zeit mal online gestellt habe. Noch zwei Vergleiche, die ganz passend sind: Textlich sind sich „la Banda XXI“ und „der Wendler“ oder Wolfgang Petry sehr ähnlich und wer sich noch an die sanitären Anlagen der Halle Vollmer vor der Renovierung erinnert, weiß wie es hier auf den Klos aussieht. Manche in „Otti-Botti“ trauern ja angeblich immer noch „ihrer Fliese“ hinterher.

3 Tage Urlaub + 8 Tage Seminar = 11 Tage auf der anderen Seite der Anden!
So schnell und plötzlich wie sie kam verschwand sie auch wieder – „la temporada“ („die Saison“) mit all ihrem Trubel. Gerade als die Schule nach der dreimonatigen Sommerpause wieder anfing und die Campingplätze sich zum Großteil wieder leerten, begann für Leon, Tina, Derya, Uschi und mich der erste kurze gemeinsame Urlaub. Acht Tage Zwischenseminar standen für Leon, Derya, Tina und mich auf dem Plan. „Zwischen“ – ja, es ist schon die Hälfte unseres Jahres rum. Ging ziemlich schnell, so kam es uns zumindest vor und so machten wir uns mit dem Bus auf den Weg in Richtung Westen. Unser Zwischenseminar fand nämlich nicht in Argentinien, sondern im chilenischen Olmué statt. In Chile gibt es noch deutlich mehr Freiwillige unserer Organisation. Die Gelegenheit haben wir genutzt, um den obligatorischen Bus-Zwischenstopp in Santiago de Chile um zwei Tage zu verlängern und die Stadt zu erkunden, doch in Santiago mussten wir erst einmal ankommen. Mit dem Bus ging es am Freitagabend von San Marcos zunächst nach Cruz del Eje, von dort nach Mendoza. Dort kamen wir am Samstagmorgen an. Nach nur einer halben Stunde fuhren wir von dort aus weiter nach Santiago. Eigentlich wollten wir dort frühabends ankommen, doch wir „EU-Verwöhnten“ haben die Grenzkontrollen nicht mit einkalkuli
30 Kurven vom Grenzübergang ins Tal
ert. Auf 3000 Meter Höhe inmitten der Anden ist der Grenzposten und der machte uns erstmal einen fetten Strick durch die Rechnung. Über fünf Stunden stand der Bus dort, bis dann endlich das gesamte Gepäck durchleuchtet war, wir einen argentinischen Aus- und chilenischen Einreisestempel im Pass hatten und der Zoll auch unser Handgepäck durchsucht hatte. Müde und hungrig kamen wir dann abends gegen zehn Uhr in unserem Hostel an. Das lag mitten
im studentischen Ausgehviertel Santiagos – „Bellavista“. Duschen, umziehen, Geld abheben, essen und dann? Auf ins Nachtleben der chilenischen Hauptstadt. Schließlich war es Samstagabend. Leon und ich mit drei hübschen Mädels, davon eine ganz klar „rubia“, - wir wurden schnell von Leuten auf der Straße angesprochen. Die Mentalität der Chilenen wirkte auf mich ausgelassener, offener, auf irgendeine Art anders als in Argentinien. So kamen wir mit einem Chilenen, dessen Mutter aus Kalifornien stammte ins Gespräch und er führte uns in einen etwas abseits gelegenen Club. Er kannte dort die Türsteher und mit unseren deutschen Ausweisen mussten wir nicht die 8000 Pesos (ca. 12 Euro) Eintritt bezahlen, sondern kamen umsonst und an der Schlange vorbei hinein. Das war schon ein komischer Moment, über den ich da aber nicht sonderlich nachgedacht habe. Später wurden wir sogar noch vom Türsteher von der Tanzfläche zur Bar gezogen, wo er uns einen ausgab. Andere Musik als in Argentinien und eine sehr ausgelassene Stimmung ließen uns bis um halb fünf in der Disko bleiben, bevor wir todmüde ins Bett fielen. Bei Tageslicht am nächsten Mittag begannen wir dann unseren Spaziergang durch die Stadt. Die Sehenswürdigkeiten waren alle zu Fuß gut zu erreichen und wir erfuhren einiges über die chilenische Militärdiktatur und hatten noch in der alten Markthalle eine ziemlich komische „die Welt ist klein“-Begegnung. Ein so um die 50 Jahre alter Kellner wollte uns zum Mittagessen in sein Fischrestaurant locken. Als wir im sagten, dass wir aus Deutschland seien, sprach er auf einmal im fließenden deutsch mit uns. Mit leicht nordischem Akzent erzählte er uns, dass er drei Jahre lang in Oldenburg studiert habe. In seiner Lieblingskneipe hat Leon eine Zeit lang gekellnert. Komische, aber nette Begegnung. Abends fuhren wir dann noch auf den Hügel „San Cristobál“. Von dort aus hatten wir einen Blick über die Fünf-Millionen-Metropole und konnten die Sonne hinter der Stadt in den Anden untergehen sehen. Der Blick war ziemlich getrübt vom Smog der Stadt, aber das machte uns nicht viel aus. Derya packte ihren „Mate“ aus und so konnten wir Deutschen ein Stück argentinische Kultur auch in Chile leben.
Nächster Morgen – auf zur Küste! Die chilenische Landschaft ist beeindruckend. Gerade noch von hohen Bergen umgeben, ist man gerade einmal Minuten später an der Küste und hat einen Ausblick auf den Pazifik. Valparaíso und Viña del Mar standen noch auf unserem Kurztrip-Plan. In der alten Hafenstadt Valparaíso hatten wir unser Hostel gebucht. Als wir dort nach einer kurzen Wahnsinnsfahrt in einem der unzähligen Minibusse ankamen, standen wir dort allerdings erstmal alleine rum. Die Tür war angelehnt, doch in dem kleinen Hostel war niemand. Rezeption unbesetzt, Musik kam aus dem Radio im Gemeinschaftsraum, Küche, Zimmer und Bad waren verwaist. Eine E-Mail von Leon, der schon vor uns dort angekommen war und sich noch mit Freunden, die er in der Stadt hatte, treffen wollte, erklärte uns dann, dass der Besitzer des Hostel „zur Uni“ musste und ihm einen Schlüssel gegeben hatte. Er wäre gleich wieder da und wir hatten das ganze Hostel für uns. Die „Oberstadt“ von Valparaíso mit ihren vielen bunten Häusern auf den Hügeln und dem allgegenwärtigen Blick aufs Wasser war an sich so malerisch, dass ich dort stundenlang hätte herumschlendern können. Die „Unterstadt“ hingegen war von dem großen Hafen geprägt, hektisch, laut und wirkte etwas schmutzig. Die „Unter-“ und „Oberstadt“ oben auf den großen Klippen und Hügeln waren durch zwei Dutzend alter Aufzüge verbunden. Für umgerechnet fünfzig Cent konnte man dort hoch oder runter fahren. Den Abend verbrachten wir fünf dann in Viña del Mar, der größeren Nachbarstadt Valparaísos. Die beiden Städte (zusammen ca. 800.000 Einwohner), die unterschiedlicher kaum sein könnten, gehen fließend ineinander über. Die traditionsreiche alte malerische Hafenstadt Valparaíso auf der einen Seite, das etwas bonzige, neue, von Hochhäusern und Strandpromenaden gesäumte Viña del Mar. In Viña hatte Leon Bekannte. Er war dort vor drei Jahren bei einem Schüleraustausch und bei seiner Gastfamilie waren wir alle abends spontan zum Pizzaessen eingeladen. Seine Gastmutter begrüßte uns äußerst freundlich und wir unterhielten uns lange auf dem Balkon der netten Wohnung im Zentrum der Stadt, bevor wir wieder mit einem der rasenden Minibusse zurück nach „Valpo“ fuhren.


Derya und ich in der alten Markthalle - Santiago de Chile

Palacio La Moneda - ehem. Regierungspalast



Derya, Tina, Uschi, Leon und ich auf dem "Cerro San Cristobál" ("Hügel San Cristobál) in Santiago

Mit dem "funiculár" (Zahnradbahn) geht es runter vom San Cristobál ins nächtliche Santiago

Leon und ich in "Valpo" beim Chorrillana essen - Pommes, Zwiebeln, Ei, Rindfleisch.

Die Oberstadt von Valparaíso

Tina, Leon, Uschi und ich. Im Hintergrund der Hafen von Valparaíso

Einer der knapp 30 "Aufzüge", die Ober- und Unterstadt Valparaísos verbinden

Sand, Klippen, Pazifik. Die Hochhäuser im Hintergrund gehören zu Viña del Mar, dahinter fängt Valparaíso an.


Das Seminar

…war super! Auf der Fahrt nach Olmué, wo es stattfinden sollte, ist allerdings nicht alles so ganz reibungslos abgelaufen. Olmué zu finden war nicht schwer, doch die Adresse des Ferienkomplexes, wo wir hinwollten, war einfach allen unbekannt, die wir auf dem Weg fragten. Der Busfahrer guckte uns fragend an, winkte uns aber hinein. Auf der Plaza im Zentrum des Dorfes hielt der Busfahrer dann an und fragte eine Politesse. Nach einem kurzen Gespräch wirkte der Busfahrer, als wüsste er jetzt, wo wir hinmüssten. Es schien, als würde er extra für uns einen Umweg fahren, um uns hinzubringen. Irgendwo im nirgendwo ließ er uns dann raus und meinte nur: „Dahinten irgendwo muss es sein“. Mit all unserem Gepäck beladen liefen wir dann am Straßenrand in Richtung der „Ruta“ (Bundesstraße). Rechts und links neben uns Felder, Wiesen und im Hintergrund die Berge. Häuser? Schilder? Fehlanzeige. Die Sonne heizte uns ordentlich ein. Wir hatten zwar eine Adresse, aber die besagte nur, dass es irgendwo an der Bundesstraße liegen musste. Das tolle Kürzel „s./n.“ („sin número“ = „ohne Hausnummer“) stand dahinter. So liefen wir erstmal ein ganzes Stück in, was wir später herausfanden, die falsche Richtung. Irgendwann setzen wir uns dann in eine kleine Bushaltestelle und hielten den Daumen raus. Jedes zweite Auto, das vorbeifuhr, hupte – jedoch nicht, weil wir im Weg standen. Nein! Tina und Derya waren der Auslöser. Was der Pfiff auf dem Bürgersteig ist, ist auf der „Ruta“ nun mal ein lautes Hupen. Ein paar Autos hielten auch an, doch nachdem wir ein Dutzend Leute gefragt hatten und auch alle Einheimischen dort noch nie etwas vom „Complejo turístico Pueblo Andaluz“ gehört hatten, entschieden wir uns schlussendlich den nächsten Bus wieder nach Olmué zu nehmen und dort in der Touristeninformation noch einmal nachzufragen. Wir waren mittlerweile schon eine gute Stunde zu spät. In der Touristinformation konnte man zumindest mit dem Namen etwas anfangen. In einem Taxi begaben wir uns dann noch einmal auf die Suche und stellten fest, dass wir schon ganz in der Nähe gewesen waren. Als wir dann endlich ankamen, waren alle schon fertig mit dem Mittagessen, aber für uns war noch etwas da.

Das Seminar dauerte acht Tage und wir waren insgesamt zwanzig Freiwillige, die in unterschiedlichsten Projekten in Uruguay, Argentinien und Chile arbeiten. Wir haben uns viel ausgetauscht, das letzte halbe Jahr reflektiert und mit unseren Seminarleiterinnen noch eine Menge gelernt und Motivation für die noch verbleibende Hälfte gesammelt. Die Ferienanlage, in der alles stattfand, war im wahrsten Sinne „irgendwo im Nichts“. Das Dorf war gute vier Kilometer weit weg und außer der „Ruta“ und vielen Feldern war dort nichts in der Nähe, aber wir hatten alles, was wir brauchten und noch deutlich mehr. Nette Leute, gute Stimmung, super Essen, gemütliche Zimmer, perfektes Wetter und einen kleinen Pool. Was will man mehr? Es fühlte sich eher nach Urlaub an, um ehrlich zu sein. Gekrönt wurde das ganze am sechsten Tag. Das war unser Ausflugstag und der führte uns noch einmal nach Valparaíso und an die Küste. Eigentlich sollte das schon einen Tag vorher stattfinden, doch wegen der Tsunamiwarnung an der chilenischen Küste haben wir den Ausflug auf den Sonntag verschoben. Die schlimmen Befürchtungen sind ja, Gott sei Dank, in Chile nicht so eingetroffen. Es wurden einige Hotels direkt am Strand evakuiert und in der Nacht von Freitag auf Samstag sollte die Welle ankommen. 0.38 Uhr war für Valparaíso und Viña del Mar berechnet worden. Alle Sender haben live berichtet und wir saßen auch alle mit einem komischen Gefühlt vor der Flimmerkiste. Es wurden Bilder vom Wasser gezeigt und von Menschen, die in ein Fußballstadion evakuiert wurden. Aber außer einem Wasserstand 40 cm über dem normalen ist nichts passiert, sodass wir am übernächsten Tag mit zwei Bullis die Küstenstraße mit unglaublichen Aussichten entlangfuhren. Eine Bucht schöner als die andere kurvten wir uns den Pazifik entlang nach Valparaíso, wo wir erst das Haus Pablo Nerudas, wohl einem der bekanntesten chilenischen Schriftstellers und politisch Aktiven, besuchten. Den späten Nachmittag und Abend verbrachten wir dann am Strand von Reñaca. Ich war zum ersten Mal im kalten Pazifik schwimmen und hab dort Wellen mitbekommen, die ich so vorher noch nicht gesehen habe. Das ist noch einmal etwas ganz anderes als die Nordsee! 

Der Ausflug - zum ersten Mal in den kalten Pazifik!

Auf der Rückfahrt ging der Grenzübergang dann etwas schneller, aber trotzdem waren wir ziemlich fertig als wir wieder in San Marcos ankamen. Die Kinder haben sich riesig gefreut uns wiederzusehen und die Freude war auch auf unserer Seite groß. Manche der Kleinen wollten uns kaum wieder loslassen. Der Alltag im Heim holte uns dann allerdings bereits am nächsten Morgen wieder ein. Alles, was vorher im Heim gut gelaufen ist, tat es immer noch so. Leider hat sich aber auch keines von den „alten“ Problemen „in Luft aufgelöst“. So bleiben einige Schwierigkeiten mit anderen Mitarbeitern und ein etwas angespanntes Verhältnis zu unseren Chefs weiterhin bestehen, aber das ist jetzt weniger schlimm. Zwei Tage nach unserer Rückkehr, fand nämlich der Auszug statt, sodass wir jetzt nicht mehr durchgehend aufeinander hocken. Wir haben unsere „Arbeitszeit“ und unsere „Freizeit“, in der wir jetzt wirklich „frei“ haben und in der wir Zeit und Raum für uns haben. Drei Tage später finden wir uns jetzt dort wieder, wo ich angefangen habe zu schreiben und für heute den Eintrag beende – im neuen Haus mit Derya, Leon, Tina und Uschi, im neuen Abschnitt unseres Jahres, in den letzten fünf Monaten Argentiniens, in unserer Wohnküche am Frühstückstisch am Rande des Dorfes in San Marcos Sierras, wo uns morgens durch das Küchenfenster der Esel begrüßt.

Mit den besten Grüßen an alle in der Heimat und sonst wo auf dem Globus, wo meine Zeilen gelesen werden,

Euer Tobi

P.S.: Langsam wird es hier Herbst. Bei jedem Regenschauer muss ich an zuhause denken. Klingt komisch, ist aber so.

P.P.S.: Herzlichen Glückwunsch nachträglich zum Geburtstag, Julian! Ich hab das nicht vergessen, aber ich habe keine E-Mail-Adresse von dir und du wehrst dich ja gegen jede Art von sozialem Netzwerk, also hier: Hoffe, du hast gut gefeiert und im September kriegen wir dann garantiert wieder den nächsten Doppelkopfabend hin!